Echo And The Bunnymen - Meteorites
(Caroline/Universal)
Lange war es still um die
Achtziger-Indierocker; ihr letztes Album The
Fountain liegt mittlerweile schon gut fünf Jahre zurück. Heute bestehen die
Bunnymen nur noch aus ihren beiden stilprägendsten Mitgliedern, Gitarrist Will
Sergeant und Sänger Ian McCulloch, dessen Handschrift die textliche Ausrichtung
und auch einen Großteil der Musik prägt. Sergeant, der letztes Jahr noch mit dem
ehemaligen Bunnymen-Bassisten Les Pattinson ein Album unter dem Namen
Poltergeist herausgebracht hatte, konnte erst auf den letzten Metern für das
Projekt gewonnen werden – die Tracks waren schon so gut wie fertig, als er sich
von der Qualität der bisherigen Aufnahmen überzeugen ließ und kurz vor Deadline
noch einen Stapel Gitarrenspuren hinzufügte.
Und das ist ein Glück für Meteorites ...
... das sich ausgesprochen stark
auf die psychedelischen Wurzeln der Band beruft und mehr auf hypnotische
Wiederholungen baut als auf wirklich starke Melodien. Aber so war es immer
schon bei den Bunnymen – während Weggefährten wie Julian Cope oder auch Robert
Smith dem Indie-Gitarrensound der frühen Achtziger genug Pop einhauchten, um
Hits zu feiern, konzentrierten sich die Liverpooler lieber darauf, McCullochs
markante Stimme über schwirrende Gitarrenwände und die eine oder andere Sitar
zu legen. Genau das ist auch die große Stärke von Meteorites: wirbelnde, kreiselnde, wabernde Gitarren, die ein wenig
Zeit brauchen, um sich zu entfalten – wie bei „Market Town“, das The Verve zu
ihren besten Zeiten auch nicht schöner hinbekommen hätten – und die unverändert
kantigen Vocals, die bei aller Empfindsamkeit immer ein bisschen rotzig klingen.
Dabei versuchen sich die Bunnymen auch
immer wieder an den großen Hymnen, für die sie zurzeit von „Ocean Rain“ auch
durchaus ein Händchen hatten. Hier steht ihnen die hypnotische Psychedelik
allerdings manchmal im Weg – „New Horizons“ beispielsweise hätte eine großer,
mitreißender Aufbruch zu neuen Ufern sein können, so perfekt nachdenklich und
sehnsuchtsvoll läutet Sergeants Gitarre McCullochs Lebensbeichte ein, so
mächtig steigert sich das Arrangement im Refrain, aber dann bremsen eigenwillige
Passagen mit rhythmischen Laut- oder Wortwiederholungen die Dynamik an den
entscheidenden Stellen aus. Ein wiederkehrendes Muster auf diesem Album: Immer
wieder nehmen die Bunnymen einen langen Anlauf zum perfekten Popsong, um dann
vor dem letzten, entscheidenden Sprung zu scheuen.
Dementsprechend braucht das Album
ein wenig länger, um seine Qualitäten zu offenbaren. „Meteorites“ ist eine
solide Platte mit Tiefgang; McCulloch schrieb die ersten Songs in der
Erkenntnis, von persönlichen Problemen eingeholt worden zu sein, vor denen er
jahrelang die Augen verschlossen hatte, und setzt sich in den Texten bewegend
mit seinen inneren Dämonen auseinander. Nicht umsonst beginnt der Opener und
Titeltrack „Meteorites“ mit den Zeilen „Hope, where is the hope in me“, und es
ist tröstlich, dass den düsteren Strophen mit der schweren Totentrommel und der
melancholischen Gitarre ein Refrain folgt, der mit seinem dickem
Spector-Soundteppich diese verlorene Hoffnung wieder zurückholen kann. Verglichen
damit ist das freundliche „Holy Moses“ dann schon fast zu nett und vorhersehbar.
Dabei haben die Bunnymen den Mix aus Pop und Abgründigkeit durchaus drauf – das
beweist „Is This A Breakdown“ mit seinen großartigen
Strawberry-Fields-Streichern.
Und ob es nun daran liegt, dass die
Songs zur Albummitte hin einfach besser werden, oder ob eine gewisse Zeit nötig
ist, um sich auf diese Platte einzulassen – ungeachtet aller Kritikpunkte, die
man als kleinlicher Rezensent anbringen möchte, verliert man sich irgendwann
unversehens in „Meteorites“. „Lovers On The Run“ ist eine rundum gelungene Bunnymen-Hymne,
„Grapes Upon The Vine“ eine hintersinnige Abrechnung mit den Verlockungen des
Rock’n’Roll-Lifestyle, „Burn It Down“ lebt von seiner wunderbar schmalzigen
Wehmut. Einzelne, überragende Songs finden sich auf dieser Platte nicht – dafür
eine homogene Gruppe von Titeln, die sich gegenseitig aufbauen und ein großes
Ganzes bilden, das vielleicht nicht überragend, aber immerhin beachtlich und
bewegend geraten ist.
Echo And The Bunnymen haben sich
auf Meteorites hörbar hohe Ziele gesteckt,
die sie vielleicht nicht immer erreichen mögen, die aber auch in ihrem
unvollkommenen Anspruch durchaus ihre Berechtigung haben. Denn der Griff nach
den Sternen ist schließlich nie verkehrt.