(Bella Union/PIAS Cooperative)
Am besten nähern wir uns dieser Platte vielleicht über ihre Vorgeschichte. Anno 2011 brachten die Flaming Lips „7 Skies H3“ nämlich schon einmal heraus, allerdings als 24-Stunden-Song, der als Stream erlebt werden konnte oder in äußerst exklusiver Auflage von 13 Stück auf Festplatten erhältlich war, die in einem menschlichen Schädel steckten – für schlappe 5000 Dollar, wie es hieß. Um auch Otto Normalfan die Platte zukommen lassen, erstellten die Lips dazu anlässlich des diesjährigen Record Store Days eine LP-Version von 50 Minuten, die nun auch digital zu hören ist.
Nun stehen die Flaming Lips ja nicht umsonst in dem Ruf,
eine „schwierige“ Band zu sein, die nicht gerade 08/15-Popsongs macht. Ihre
persönliche Spielart von Musik mäandert irgendwo ins Delta von Artrock,
Progrock und Psychedelic und widersetzt sich gängigen Schubladen; das ist auf
„7 Skies H3“ nicht anders. Dabei fängt es erst einmal ganz harmlos an, mit
sanft gezupfter, sphärischer E-Gitarre, die den Weg für hymnisch-schwebende
Synthesizer öffnet – ein Bisschen, als hätte sich Mike Oldfield als
Gastgitarrist bei den Legendary Pink Dots verpflichtet. „Can’t Shut Off My
Head“ ist ein intensiver, emotionaler Titel, der die Messlatte ziemlich hoch
anlegt: Pink Floyd zu besten Zeiten hätten das auch nicht besser gekonnt.
Danach führen uns die Flaming Lips in die „Celestial
Trance“. Es bleibt sphärisch, hymnisch und schwebend, aber die Melodien machen
Pause, während die Band auf die hypnotische Kraft der Wiederholung setzt. Das
wäre die höfliche Beschreibung der Tatsache, dass die Lips überwiegend instrumental
herumknödeln, mal mehr, mal weniger energiegeladen und mal mehr, mal weniger
strukturiert. Den meisten Tracks ist ein pulsierender, treibender Beat eigen,
der durchaus seinen Reiz hat, und darüber wabern elektronische Geräusche,
sparsame Keyboards und Gitarrenfiguren. Wenn dann einmal ein Riff oder ein
Rhythmuselement gefunden ist, dann reiten die Flaming Lips auch gerne mal fünf
Minuten lang ohne großartige Variationen drauf herum. Manchmal funktioniert das
sehr gut, wie bei „In A Dream“, bei dem aus der Wiederholung tatsächlich große
Kraft erwächst, und auch die ruhigen Nummern wie „Metaphorphosis“ haben ihren Reiz.
Und dennoch: Nach einer gewissen Zeit hat man einfach genug von den wabernden
Gitarrentontupfern, hallendem Gesang und ins Nichts propellernden
Keyboardtontropfen, jedenfalls, wenn man vorher nicht entscheidend mit
bewusstseinserweiternden Drogen nachgeholfen hat und/oder selbst an der
Entstehung der Tracks beteiligt war.
Nur einmal kommt wirklich Unruhe in die Schwebetöne von „7
Skies H3“: „Riot In My Brain“ hält alles, was der Titel verspricht, und macht
nach dem sanften Gezupfe der vorhergehenden Tracks wieder richtig munter. Aber
auch Noise-Attacken wie diese sind nichts wirklich bahnbrechend Neues, ebenso
wenig wie der Sphärenklang der übrigen 40 Minuten. Aber vielleicht lag das auch
gar nicht in der Absicht der Band, und Wayne Coyne & Co. wollten einfach
nur einen Tag lang mit sehr gebremstem Schaum gemütlich vor sich hin
improvisieren. Vielleicht machte das alles im Rahmen des einen, großen
24-Stunden-Songs, aus dem diese Elemente herausgelöst wurden, auch viel mehr
Sinn. Vielleicht ist es auch ein Fehler, diese Platte begreifen oder sich überhaupt
auch nur eine klare Meinung darüber bilden zu wollen. Und vielleicht ist es
auch einfach so wie mit des Kaisers neuen Kleidern, und man fragt sich: Ist das
jetzt genial, und ich bin bloß zu blöd … oder ist das einfach nur langweilig?